Stress erleben im Autopilot

Von Gabriele Bihl | 10.04.2021

Lesezeit: ~2 Minuten (524 Wörter)

Was ist Stress?

Die Gesundheitsberichterstattung des Bundes definiert Stress als einen „Zustand der Alarmbereitschaft des Organismus, der sich auf eine erhöhte Leistungsbereitschaft einstellt“ (2020). Aus dieser Definition wird ersichtlich, dass Stress nicht nur negativ zu sehen ist. Die Stressreaktion versetzt uns in die Lage, besondere Anforderungen im Leben zu meistern, was an sich ja positiv ist. Andererseits hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Stress zu „einer der größten Gesundheitsgefahren des 21 . Jahrhunderts“ erklärt. Und fragt man die ältere Generation, so war Stress vor ca. 50 Jahren anscheinend noch kein Thema, man hat gearbeitet, aber man war nicht im Stress. Heutzutage ist das Wort Stress Bestandteil unsere Alltagssprache: „Ich bin im Stress…ich hab keine Zeit …ich bin nervös und gereizt… ich mache mehr Fehler…ich kann schlecht schlafen….ich habe Kopfweh usw…Aussagen, die uns tagtäglich begegnen. Und doch scheinen manche Menschen besser mit Stress klar zu kommen als andere. Um dies zu verstehen, kann es hilfreich sein, den Begriff Stress etwas näher zu beleuchten.

Wie entsteht Stress?

Stress besteht aus den drei Bestandteilen: Stressor, Stressreaktion und Stressverstärker. Stressoren sind äußere Bedingungen und Reize, die auf irgendeine Art und Weise bedrohlich erscheinen wie z.B. Lärm, Zeitdruck, Arbeitsüberlastung, Ärger in der Familie. Die Stressoren lösen die Stressreaktion aus. Der Stressforscher Lazarus hat in seinem transaktionalen Stressmodell die Beziehung zwischen Stressor und Stressreaktion dargestellt. Demnach gibt es keinen Reiz, der per se stressauslösend wirkt. Von Bedeutung ist die Bewertung der jeweiligen Situation durch den jeweiligen Menschen. Hierbei wird geklärt: „Ist die Situation herausfordernd oder bedrohlich für mich? Kann ich die Situation bewältigen?“ Diese Bewertung läuft blitzschnell ab, was aus evolutionärer Sicht auch sinnvoll war. Stressoren waren in der Steinzeit vor allem wilde Tiere und die Stressreaktion war meist Flucht oder Kampf. Eine blitzschnelle Reaktion war damals lebensrettend. Da heutzutage die Stressoren meist nicht mehr wirklich lebensbedrohlich sind, läuft die Stressreaktion etwas anders ab. Die körperliche Energie wird zwar immer noch in Sekunden schnelle mobilisiert. Stresshormone werden ausgeschüttet, das Herz schlägt schneller, der Muskeltonus nimmt zu, die Atmung verändert sich. Da wir aber nicht mehr wegrennen oder kämpfen müssen und die Stressoren im Alltag oft auch immer wieder kehren, führt die ständige Aktivierung des Körpers allmählich zu Erschöpfungszuständen und kann zu einer Gefahr der Gesundheit werden.

Gert Kaluza (2014)

Autopilot oder bewusst sein?

Ausschlaggebend ob die Stressreaktion ausgelöst wird oder nicht sind oft individuelle Stressverstärker in Form von Gedanken und Einstellungen. Diese Gedankenmuster und Bewertungen werden auch Konditionierung genannt, da sie von unseren persönlichen Vorerfahrungen und den daraus resultierenden Erwartungen geprägt sind. Eine Situation kann dann nicht mehr „frisch“ erlebt werden. Der Mensch reagiert nicht auf die jetzige Situation sondern auf die Erinnerung an eine ähnliche Situation in seinem Leben und befindet sich im sogenannten Autopilot Modus. Das erklärt dann auch die unterschiedliche Stressresistenz der Menschen. Was den einen extrem aufregt, lässt den anderen kalt. Auf die Reize, die von außen kommen, haben wir meist keinen Einfluss, aber Gedankenmuster können erkannt und verändert werden. Hierzu mehr in meinem nächsten Beitrag zum Thema Stress. Wer sich jetzt schon weiter mit dem Thema beschäftigen will, dem empfehle ich folgende Bücher:

Gert Kaluza: Gelassen und sicher im Stress Linda Lehrhaupt/Petra Meibert: Stress bewältigen mit Achtsamkeit.